von Admin: Marc Friedrich

Das war unsere Neujahrswanderung 2023

Am Treffpunkt bei den Wildschweinskulpturen konnte CDU-Vorsitzender Hannjo Nawrath den Bewerber der CDU um das Bürgermeisteramt, Max Hochstätter, sowie 12 interessierte Bürger und Freunde der CDU begrüßen.

 

Danach übernahm Gemeindevertreter Hans Joachim Brugger die Führung der Wanderung, die neben der gemeinsamen körperlichen Bewegung über knapp sieben Kilometer auch aktuelle Themen zum Inhalt hatte. Trockenheit und extreme Nässe beschäftigen immer mehr die Bevölkerung und so bot es sich u.a. an, das spezielle Nauheimer Projekt, die vor zwanzig Jahren errichtete „Brunnengalerie“ auszuwählen.

 

Zuvor führte der Wanderweg an dem jüngsten Nauheimer Naturdenkmal vorbei, einer etwa 110 Jahre alte Bergulme am Rande des Wohngebietes „Im Teich“. Sie ist erst seit 2013 Naturdenkmal. Sie befindet sich in ausgeprägtem und vitalem Zustand und hat das "Ulmensterben" überlebt. Sie stellt damit eine absolute Rarität dar und ist deshalb unter Schutz gestellt. Das massive „Ulmensterben“ (verursacht durch den Ulmensplintkäfer und einem mitführenden Pilz, der die Leitbahnen der Bäume verstopft) hat in den 1970er und 80er Jahren fast alle Ulmen im Land dahingerafft. Auch die ehemaligen Naturdenkmale Bergulme im Mainvorland Kelsterbach und Flatterulme am Bahnhof Raunheim sind dieser Krankheit innerhalb von drei Jahren erlegen und mussten gefällt werden. Bergulmen können bis 400 Jahre alt und bis zu 40 m hoch werden. Sie benötigen anspruchsvollen, lehmhaltigen und feuchten Boden und wurzeln mit Senkern sehr tief. Sie war Baum des Jahres 1992.

 

Die Erschließung des Wohngebietes "Im Teich" fand mit Beginn der 70er Jahre zu einem Zeitpunkt statt, der klimatisch von einer langjährigen Trockenperiode geprägt war, die zu Grundwassertiefständen führte. Bereits mit Beginn der 80er Jahre traten erste Vernässungsprobleme auf, die Überlegungen zur Neustrukturierung der Entwässerung des Wohngebietes veranlassten. Mit Beginn der aktuellen Nässeperiode seit Herbst 1998 wurden diese Probleme verschärft. Zur Verbreiterung der Datengrundlage zur Analyse der Grundwassersituation im Wohngebiet "Im Teich" wurden 1999 von der Brandt-Gerdes-Sitzmann Umweltplanung GmbH, Darmstadt, Vorschläge entwickelt, die beispielhafte Maßnahmen vorsahen, wie Einstau der Entwässerungsgräben im Teichwald, Entfernung lokaler Auflandungen im Waldwiesengraben / Graben A und lokale Abpumpmaßnahmen zur temporären Begrenzung des Grundwasseranstieges.

 

Die Sohle der meisten Wohnhäuser liegt oberhalb einer Höhe von 86,7 m üNN. D.h. wenn der Grundwasserstand diese Höhe erreicht, springen zwei Pumpen automatisch an und versuchen den Wasserstand auf dieser Höhe zu halten. Steigt der Grundwasserstand auf 86,8 m üNN, springen zwei weitere Pumpen an. Sollte der Grundwasserstand diese Marke trotzdem überschreiten, treten wiederum zwei Pumpen in Aktion. Es kann somit im unmittelbaren Einzugsbereich der Pumpen eine Absenkung von max. 1m erreicht werden. Der Absenkungstrichter hat einen Radius von ca. 1000m und läuft etwa in Höhe der Entenstraße aus, also gegen Null. Jenseits der Autobahn wird das Wasser im Graben "A" mittels Sohlschwellen angestaut, um Oberflächenwasser aus dem Teichwald etwas zurückzuhalten. Außerdem wurde der Graben dort auf einer Länge von 100 m ausgebaggert. Diverse Messstellen sollen sicher stellen, dass jederzeit Grundwasserstände exakt festgestellt werden können.

 

Die Baumaßnahmen dauerten von Mai 2003 bis November 2003. Das erste Jahr im Dauerbetrieb und ihre Bewährung erlangte die Brunnengalerie dann 2004. Für die drei Gewerke haben sich Gesamtkosten von 412.778 Euro ergeben, im einzelnen:

 

  • Brunnen- & Rohrleitungsbau: 275.869 Euro
  • Technische Ausrüstung: 98.225 Euro
  • Landschaftsbau: 11.278 Euro.
  • Ingenieurbüro: 27.406 Euro

 

Sinn und Zweck der nicht ganz billigen Maßnahme war einerseits die privaten Wohnhäuser vor Vernässungen bei hohen Grundwasserständen zu schützen und andererseits die unkontrollierte Belastung der Kläranlage von Nauheim vor illegal abgepumptem Grundwasser zu schützen.

 

Aus rechtlichen Gründen musste die Gemeinde dieses Vorhaben aus Steuermitteln finanzieren. Sie konnte also weder Beiträge nach der Entwässerungssatzung, der Erschließungsbeitragssatzung, noch Beiträge nach dem kommunalen Abgabengesetz sowie eine Gebühr für die Inanspruchnahme der Brunnengalerie erheben. Auch Zuschüsse von Bund, Land oder Kreis wurden nicht gewährt.

 

Als erstes Zwischenziel wurde die Grundwassermessstelle 4 angesteuert. Hier werden die Grundwasserstände ermittelt und die sechs Pumpen am Lärmschutzwall je nach Grundwasserhöhe angesteuert und in Betrieb gesetzt. Der Schaltkasten dieser Referenzmessstelle steht auf exakt 88,0 m üNN. Das Auslaufrohr der Brunnengalerie in den Schwarzbach wurde besichtigt. Vier Pumpen (seit 29.1.) waren in Funktion (ab 6. Januar sind zwei Pumpen in Betrieb) und Wasser sprudelte in den Schwarzbach. Zu erfahren war, dass der Schwarzbach eine Wassermenge zwischen 0,71 m³/s bis 1,84 m³/s abführt. Die Höchstmenge war einmal bei 5 m³/s. Wenn alle Pumpen der Brunnengalerie laufen, werden dem Schwarzbach 0,083 m³/s (83 l/s) zugeführt. Also eine vernachlässigbare Größe – und die Treburer brauchen sich nicht vor Hochwasser aus Nauheim zu fürchten!

 

Die Begrenzungsbrunnen weisen jeweils folgende Kenndaten auf: die Bohrtiefe beträgt 14,0 m bei einem Ausbaudurchmesser von 260 mm bei einer Länge des Vollwandrohres von 9,0 m und des Filterrohres von 5,0 m Länge. In den vergangenen Betriebsjahren wurden rund 200.000 bis 500.000 m³ Grundwasser pro Jahr gefördert, außer im Jahre 2019 waren es 17.000 m³ und 2022 wurden 238.428 m³ abgepumpt.

 

An dieser Auslaufstelle konnte ein Blick auf den Königstädter Wald und – Wiesen geworfen werden. Sollte mal ein extremes Hochwasser über den Schwarzbach kommen, wären diese Königstädter Gemarkungsbereiche Überschwemmungsgebiet.

 

Weiter ging es am Lärmschutzwall entlang, wo man die Verortung der sechs Brunnen anhand der Lüftungspilze ausmachen konnte. Am Schaltschrank war ersichtlich, welche Pumpen gerade im Betrieb waren – nämlich seit 29.1. vier. Nach dem langen Trockenjahr 2022 war doch überraschend, dass jetzt schon wieder zwei bis vier Pumpen am Laufen waren. Also doch ein Gebiet im nördlichen Ried mit ausreichd Grundwasser, das von Ost nach West verläuft mit einer Geschwindigkeit von etwa 17 m/Tag.

 

Als die Wanderung fortgesetzt wurde, konnten einige Blicke dann auf die „Exotenallee“, besser bekannt unter dem Namen „Klangweg“ mit seinen fünf Klangkörpern, einem Teilprojekt der Regionalparkroute „rund um den Flughafen“ bestehend seit 20. Juni 1999, geworfen werden. Neben den nicht-standortgerechten Bäumen, den Exoten (die gerne mit Namensschildern versehen werden sollten), werden dort auch die „Bäume des Jahres“ gepflanzt, im Jahre 2023 übrigens die Moorbirke.

 

Über die Autobahnbrücke ging es dann in den Nauheimer Unterwald. Im Wald an der Blechschneise befindet sich eine Grundwassermessstelle, über die die Auswirkungen der Brunnengalerie auf den Wald kontrolliert wird. Mit Hilfe eines Kabellichtlotes wurde eine Grundwassserhöhe von 87,37 m unter Bodenoberfläche ermittelt. Das bedeutet, dass der Grundwasserspiegel im langjährigen Mittel liegt und nicht zu beanstanden ist. 40,4% oder 557 ha unserer Gemarkungsfläche sind mit Wald bedeckt. Davon gehören 210,5 ha der Gemeinde (Nauheimer Unterwald). Der Staatswald erstreckt sich östlich des Odenwaldclub-Hauses auf einer Fläche von 331,1 ha. Im Waldgebiet südwestlich der Bahnlinie befinden sich kleine und kleinste Parzellen von zusammen 15,4 ha in Privateigentum. Seit Dezember 2003 ist die Gemeinde Nauheim berechtigt, Holz aus zertifizierter, nachhaltiger Waldbewirtschaftung nach dem deutschen PEFC-System anzubieten. PEFC = Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes, also ein Programm für die Anerkennung von Forstzertifizierungssystemen und ist damit eine Art weltweiter „Wald-TÜV“.

 

Die Gemeinde Nauheim ist außerdem Eigentümerin einer 244 ha großen Waldfläche in der Gemarkung Mörfelden-Walldorf. Das ist der Nauheimer Oberwald.

 

Der Nauheimer Unterwald jenseits der Autobahn 67 steht besonders für den Nutzungsverzicht von 50 ha ehemaligem Nutzwald mit über hundertjährigen Buchen, Eichen und Eschen. Dafür gibt es sog. "Wert- oder Ökopunkte", die man für ökologische Ausgleichsmaßnahmen einsetzen kann. Auf einigen Hektar dieses Waldgebietes stehen noch zu junge Bäume, sodass noch einige Zeit vergeht, bis die „Untere Naturschutzbehörde“ diese Flächen für Ökopunke anerkennt.

 

Naturidylle sind die beiden Baggerseen, der Nachtweidensee mit 16.800 m² und der Kiebertsee mit 6.800 m². Beide Seen werden vom Angelsportverein ASV 1935 betreut. Sie haben einen reichen natürlichen Fischbesatz, aber auch eingestzte Fische zum Abangeln. Wegen der stark vernässten Zuwege konnte der Kiebertsee nicht angelaufen werden.

 

Ausklang der Wanderung fand mit Kaffee und Kuchen im Odenwald-Clubhaus statt. Weiter hielten die beiden „Marketenderinnen“, Ina Kohrs und Judith Nientied, Handkäse, große Bauernbrote, Mettwürstchen mit Senf vor, als back up Schmalzbrote und natürlich ausreichend Getränke. Die Wandergruppe traf dort auf die reichlich „Fußkranken“ und erlebte gemeinsam einen schönen Ausklang.

 

Text: H J Brugger

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