von Admin: Marc Friedrich

Stellungnahme der CDU Nauheim zum Antrag von SPD und Bündnis '90 / Die Grünen bzgl. Beitritt der Gemeinde Nauheim zum Bündnis "Seebrücke/ Sicherer Hafen“

 

Liebe Nauheimerinnen, liebe Nauheimer, liebe Interessierte,

 

einige von Ihnen haben sicherlich die im Wesentlichen zwischen den beiden o. g. Parteien und der CDU kontrovers geführten Diskussion in Sachen Beitritt der Gemeinde zum Bündnis „Seebrücke/Sicherer Hafen“ mitverfolgt.

 

Hierzu hatten SPD und Grüne einen entsprechenden Antrag in die 4. Sitzungsrunde der Legislaturperiode 2021/26 eingebracht, der zwischenzeitlich mehrheitlich – gegen die Stimmen der CDU und einzelner Stimmen der FDP – in der Gemeindevertretung genehmigt wurde.

 

Den Wortlaut dieses Antrags finden Sie unter dem TOP 6.14 der Gemeindevertretersitzung vom 16.09.2021 unter dem nachfolgenden Link https://nauheim.gremien.info/meeting.php?sid=2021-GemVertr-129 oder hier zum direkten Download.

 

Um transparent zu sein und für Sie nachvollziehbar zu machen, wie und warum wir wie dargestellt zu diesem Antrag stehen, haben wir Ihnen die wichtigsten Punkte hier zusammengefasst:

 

Vorwegschicken möchten wir, dass das Motiv von SPD und Grünen, den o. g. Antrag in die Gemeindevertretung einzubringen, ohne Wenn und Aber aller Ehren wert ist. Das Leid und die Gefahren, denen sich viele Flüchtende aussetzen, um die Chance auf eine bessere Zukunft zu bekommen, sind massiv. Die Nauheimer CDU-Fraktion stimmt den Antragstellern 100%ig zu – die Bilder, die wir alle von den auf Meer in Lebensgefahr befindlichen Flüchtlingen kennen, sind schrecklich und können einen nicht kalt lassen.

 

Warum haben wir CDU-seitig dann trotzdem gegen diesen konkreten Antrag gestimmt?

 

Einfacher wäre es sicherlich gewesen, zuzustimmen oder sich zumindest zu enthalten. Man würde sich dann z. B. auch nicht dem Vorwurf der Kaltherzigkeit oder eines unchristlichen Verhaltens ausgesetzt sehen, wie es im Vorfeld der Gemeindevertretersitzung zumindest unterschwellig vorgekommen ist. Die Gründe, warum wir konkret diesem Antrag nicht zustimmen können, lassen sich in vier Bereiche zusammenfassen:

 

 

  • Wir haben die Frage gestellt, um was für eine Organisation es sich bei "Seebrücke/Sicherer Hafen" genau handelt. Deren Homepage gibt hier leider keine klaren Antworten. Nur durch aufwendige Recherche konnten wir z. B. einen Zusammenhang zum MenschMenschMensch e. V. herstellen, der die Seebrücke als Projekt darstellt. Der aktuellste Rechenschaftsbericht ist zudem nur aus 2019 und zeigt, dass von rd. 204.000 Euro Spendeneinnahmen über 115.000 Euro (das sind rund 56%!) für Personalkosten verwendet wurden. Die Seebrücke ruft auf ihrer Homepage die Antragsteller auf, zur Durchsetzung des Antrags im Parlament Druck auf die Parlamentarier auszuüben und möglichst viel Öffentlichkeit zu mobilisieren, damit auch Zweifler in Stadt- und Gemeindevertretungen mitstimmen. Sie wendet sich auf ihrer Homepage gleichermaßen gegen Verbraucherschutzrechte, in dem sie nicht bereit ist, sich in Streitfällen einem Schlichtungsverfahren zu unterziehen. Das alles mutet zumindest suspekt an.

 

  • Es handelt sich bei diesem Antrag nicht etwa um eine Resolution. Wäre dies eine, könnten ernsthaft und glaubwürdig Forderungen an die Bundesregierung oder die EU gestellt werden, um auf die Lage der in größter Not befindlichen Menschen hinzuweisen und Verbesserungen einzufordern. Sich einer solchen Resolution anzuschließen, wäre für uns in der CDU Nauheim selbstverständlich. In dem Antrag von SPD und Grünen wird dagegen das Eingehen konkreter Verbindlichkeiten beschrieben, von denen wir bislang keine genaueren Informationen erhalten haben, was sie genau bedeuten. Beispiele dafür sind: Im Antrag steht: "Die Gemeinde setzt sich für sichere Fluchtwege ein" => Unsere Fragen sind: wie macht sie das und was bedeutet das konkret? Im Antrag steht: "Die Gemeinde stellt die schnelle und unkomplizierte Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen oder aus EU-Außenlagern sicher." => Unsere Fragen sind: wie macht sie das? Wo soll das passieren? Was kostet das zumindest in etwa? Wie soll das organisiert werden? Im Antrag steht: "Die Gemeinde nimmt mehr als die nach dem Königsteiner Schlüssel errechnete Anzahl von Flüchtlingen auf." Das heißt für Nauheim aktuell: mehr als die derzeit geltenden 67 Flüchtlinge => Unsere Fragen sind: Wieviele Flüchtlinge sollen zusätzlich zu den 67 aufgenommen werden bzw. wodurch wird die zusätzliche Anzahl bestimmt? Wo könnte die Unterbringung erfolgen? Welches Budget wird dafür schätzungsweise benötigt? Und wie soll dies das gegenfinanziert werden, sofern andere freiwillige Leistungen der Gemeinde (z. B. die Nachmittagsbetreuung) nicht zurückgefahren oder Steuern angehoben werden sollen? Im Antrag steht: "Die Gemeinde Nauheim bevorzugt bei der Aufnahme von Flüchtlingen und insbesondere zusätzlichen Flüchtlingen solche, die aus Seenot gerettet werden oder aus EU-Außenlagern kommen. Darüber hinaus bevorzugt sie die Aufnahme von Frauen, Mädchen und kleinen Kindern." => Unsere Fragen sind: Wollen wir wirklich das Elend von Flüchtlingen untereinander abwägen und bewerten? Und hat die Gemeinde rechtlich betrachtet hier überhaupt ein Auswahlrecht? Wer würde die Auswahl vornehmen und nach welchen Kriterien erfolgt sie?

 

=> Alle diese Fragen wurden von uns im Rahmen der Sitzungsrunde sowohl in den vorgeschalteten Ausschüssen als auch in der Gemeindevertretung gestellt, aber leider nicht von den antragstellenden Parteien SPD Nauheim und Bündnis '90 / Die Grüne Nauheim beantwortet!

 

  • Auch schreibt die Hessische Gemeindeordnung vor, dass die Gemeinde nur über das entscheiden kann, was in ihrer gemeindlichen Verantwortung liegt und nicht bereits durch übergeordnete Instanzen geregelt ist. Die Verteilung von Flüchtlingen obliegt wiederum aus Gemeindesicht dem Landkreis. Und selbst der hat nach unserer Kenntnis kein Auswahlrecht bei den Flüchtlingen.

 

  • Rund 270 Städte und Kommunen, darunter aucher der Lankreis Groß-Gerau, sind teilweise seit mehreren Jahren Mitglied des Bündnis. Überwiegend haben aber alle diese Kommunen nur 2 der i. d. R. 10 Forderungen umgesetzt! Daher bezweifeln wir die tatsächliche Umsetzbarkeit oder den tatsächlichen Umsetzungswillen dieses Antrags. Wir empfinden es zumindest als unangemessen, dem Parlament, den Nauheimerinnen und Nauheimern und nicht zuletzt auch den Flüchtlingen, die ja auf uns hoffen, einen zwar wohlformulierten, aber in weiten Teilen nicht umsetzbaren Antrag zur Genehmigung vorzulegen.

 

Auf auf unser Angebot, diese Thematik noch einmal gemeinsam und fraktionsübergreifend eingehender mit uns als CDU zu diskutieren, sind die Antragssteller leider nicht eingegangen. Vielleicht wären die dann entstandenen Ergebnisse für uns, die Gemeinde und die Bürgerinnen und Bürger, nachvollziehbarer und einschätzbarer.

 

Gerne können Sie sich sich bei Fragen an hier uns wenden. Wir freuen uns auf Sie!

 

 

Ihre CDU Fraktion

Nauheim, im September 2021

 

 

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